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Panik in der ÖVP - Plötzlich Reformen

Was kommt in der Politik immer zu kurz? Selbstreflexion oder gar Selbstkritik. Als Jungpolitiker möchte ich aber diese Disziplinen nicht vergessen. Also: Wir stehen nach wie vor mitten in der Pandemie, die Gesundheitskrise macht vielen Menschen Angst, auch weil sie befürchten, dass sie noch lange keinen Impfschutz erhalten werden. Dazu kommen zunehmend Sorgen um den Arbeitsplatz oder den Konkurs des eigenen Unternehmens. In dieser „größten Krise seit dem 2. Weltkrieg“, wie es so richtig heißt, stöbern wir im Ibiza-Ausschuss weiter durch alte Akten, gelöschte SMS und Gespräche, die einige Jahre zurückliegen. Sind das wirklich die richtigen Zeiten für die Aufklärung des Sumpfs von gestern?

Wiederholungstäter

Nun, wie sich immer wieder herausstellt: Es ist leider auch der Sumpf von heute. Und deshalb ist diese Arbeit so wichtig, auch in der Pandemie. Erst recht, weil die ÖVP ja eines wirklich kann: Vernebeln. Unmittelbar nach der Hausdurchsuchung bei Finanzminister Blümel entdeckte die ÖVP eine neue Liebe: Eine unabhängige Bundesstaatsanwaltschaft. Dagegen hat sie seit Jahrzehnten polemisiert und jetzt will die ÖVP die Menschen mit einer neuen Behörde einlullen, und insinuiert, eine solche Stelle wäre niemals in die Wohnung eines unschuldigen Ministers gekommen. Ob Blümel schuldig ist, wissen wir nicht. Aber was wir wissen ist, dass nicht die „böse“ Wirtschafts - und Korruptionsstaatsanwaltschaft, über die Sebastian Kurz schon lange schlecht redet, die Hausdurchsuchung genehmigt hat, sondern ein unabhängiges Gericht.

 In Wirklichkeit agitiert Kurz also nicht gegen die WKStA, sondern gegen die unabhängige Gerichtsbarkeit. Und hier hat der Spaß einer primitiven Polit-Rhetorik ein Ende. Wenn Kurz jetzt endgültig bei seinem Parteifreund Orbán und den polnischen Rechten angekommen ist, dann müssen wir noch entschiedener dagegen halten. Und noch genauer untersuchen, was die ÖVP zu verbergen hat. Und das hat sie. Im Jahr 2017 hat sie 13 Millionen Euro für den Wahlkampf ausgegeben und nur 7 Millionen davon waren erlaubt. Die Strafe dafür zahlte sie achselzuckend, um 2019 wieder zu überziehen. Ich habe diese Woche im Parlament einen Antrag eingebracht, damit künftig bewusste Verstöße gegen die Parteien auch strafrechtlich verfolgt werden können. Dass die Wiederholungstäter von der ÖVP das abgelehnt haben, war klar. Aber auch die Grünen haben sich nicht getraut zuzustimmen. Meine Rede finden Sie hier.

Inzwischen schreiben viele internationale Medien über den Sumpf in Österreich. Die Leserinnen und Lesern der Financial Times haben ein Wort auf Deutsch gelernt: Parteibuchwirtschaft. Und die Süddeutsche spricht von „türkisen Sprechpuppen“, die alles nachplappern, was vorgegeben wird. 


#MedienohneAngst

Diesen Hashtag habe ich im Mai 2019 anlässlich der Verleihung des Ari-Rath-Preises postuliert. Das war am 11. Mai. Eine Woche später hörten wir, wie Heinz Christian Strache in Ibiza „Zackzackzack“ mit Journalisten verfahren wollte. Straches Phantasie und die Realität der Kurz-ÖVP leben freilich im selben Universum. Aber da tut sich jetzt auch etwas. Am Freitag lud Kanzleramtsministerin Edtstadler eilig zu einer Pressekonferenz, Neues zum Bundesstaatsanwalt wurde versprochen. Aber die erzählte wieder nur das Bekannte, worauf Petja Mladenova, eine Redakteurin der APA einen Satz sagte, der so klang wie „der Kaiser ist ja nackt“. Nämlich: „Mir ist nicht klar, warum da eilig eine Pressekonferenz einberufen wurde. Sie haben keinerlei Neuigkeiten gesagt. Worauf wollen Sie hinaus?“ Natürlich ließ sich die geschulte Frau Edtstadler nicht beirren und sagte einfach nochmals dasselbe. Aber dieser Satz der APA Redakteurin wird noch oft passen, solange die Regierung der Message Control im Amt ist.


Medien als Lautsprecher

Ich habe es ja intensiv erlebt und Kurz hat es lange genug durchgehalten: Medien sind für ihn nicht mehr als Lautsprecher, für seine oft schlichten Gedanken und Slogans. Diese werden einfach nur wiederholt und sollen sich in allen Medien finden. Wer sich nicht anpasst, wird im besten Fall boykottiert, im schlimmsten Fall bekämpft. Und die finanzielle Abhängigkeit der Medien tut ein Übriges. Jetzt ist dieses System aber so absurd geworden, weil sie es in ihrer Unsicherheit übertrieben haben. Aber schon früher hätten Medien aufschreien müssen, anstatt alles zu übernehmen. Wie viel Unsinn mussten wir in den letzten Monaten hören. Gesundheitsminister Anschober hat ständig davon gesprochen, dass „die nächsten Wochen entscheidend werden“, Jo eh. Und Kurz fabulierte einmal vom „Licht am Ende des Tunnels“, dann wieder vom „Gamechanger Impfung.“ Hoffentlich war die Nullkonferenz von Frau Edtstadler ein Gamechanger für den österreichischen Journalismus..

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