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Kosovo-fast anerkannt

Ich grüße Sie heute aus Pristina, der Hauptstadt der Republik Kosovo. Die österreichisch-kosovarische Freundschaftsgesellschaft hat eine Informationsreise organisiert, der EU Abgeordnete Lukas Mandl (ÖVP) leitet die Reise als Präsident, als Vorstandsmitglied bin ich auch dabei, mit fast 30 weiteren Teilnehmern. Nach den jüngsten Äußerungen des serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic und einem Besuch einer serbischen Delegation im Wiener Parlament sind die Gespräche besonders interessant.

Kosovo-fast anerkannt

Noch immer anerkennen 5 EU Länder den Kosovo nicht als unabhängigen Staat. Darauf kam gleich Ministerpräsident Albin Kurti (47) zu sprechen. Besonders schmerzt den Sozialdemokraten Kurti, dass auch sein spanischer Parteifreund Pedro Sánchez dem Kosovo die Unabhängigkeit nicht zusteht. Aus einer sonderbaren Angst heraus, dass sein Katalonien den Absprung machen könnte. Als ob sich die reichen Katalanen um ein kleines Land am Westbalkan, weit entfernt von der iberischen Halbinsel, kümmern würden. Und es gibt weder historisch noch politisch eine Parallele. Der überwiegend albanisch besiedelte Kosovo wurde in Jugoslawien als Provinz Serbiens stets vernachlässigt und wollte nach dem Zerfall des Vielvölkerstaates auch seine Unabhängigkeit. Alle Regierungen in Europa sollten verstehen, dass wir einen friedlichen Balkan brauchen, wo der Nationalismus, vor allem der damit verbundene Hass endlich überwunden werden muss. Unruhe am Balkan führt nur zu weiteren Abwanderungen und Instabilität. Das werden China wirtschaftlich und Russland politisch ausnutzen.

Serbiens Präsident Vucic hat ja kürzlich erklärt, unter dem Druck Frankreichs und Deutschlands werde er über einen Ausgleich mit dem Kosovo verhandeln. Hier in Pristina ist man davon überzeugt, dass Vucic das nur erklärte, weil die EU gedroht habe: Mit dem Stopp von Investitionen und dem Ende der Visa Liberalisierung. Ministerpräsident Kurti meinte, Vucic sei nur eingeknickt, weil er den „big stick“ aus der EU gespürt habe. Staatspräsidentin Vjosa Osmani, (40) eine international ausgebildete Juristin, wird noch deutlicher: Vucic ging es immer nur darum, seine Nachbarn zu verunsichern, auch mit russischen und chinesischen Waffen, er habe nichts gegen Putins Invasion der Ukraine gesagt und überhaupt, er war der Propagandaminister von Slobodan Milosevic. Der Krieg Serbiens gegen die frühere Provinz Kosovo taucht immer wieder auf, bei einer Delegation des serbischen Parlaments vor wenigen Tagen in Wien wurde immer nur der Name der früheren Provinz genannt: „Kosovo und Metochia“. Denn natürlich geht es immer noch um die Vergangenheit, die Kriegshandlungen der Serben gegen die Kosovaren. Manche Politiker:innen in Pristina hoffen auf einen „serbischen Willy Brandt.“ Also auf eine Persönlichkeit, die die Verbrechen an den Kosovaren eingesteht und für eine gemeinsame Zukunft wirbt.

Die Liberalen

Ein interessantes Gespräch habe ich auch mit Memli Krasniqi geführt. Er hat 1995, mit gerade einmal 15 Jahren eine Rap-Gruppe gegründet. Mit starken politischen Ansagen, noch vor dem Kosovo Krieg 1998/1999. Später wandte er sich der Politik zu, wurde Minister für Jugend, dann Landwirtschaft und ist seit dem Vorjahr Vorsitzender der PDK, der Demokratischen Partei des Kosovo, gegründet von Hashim Thaci. Sie war ursprünglich eher links und gehört seit kurzem zur ALDE, der liberalen europäischen Parteienfamilie. Wie viele hier erwartet er sich mehr Unterstützung der Europäischen Kommission beim Beitritt der Balkanländer. Das größte Problem in allen Staaten ist die Abwanderung der jungen, gut Ausgebildeten. Der Kosovo ist ja das jüngste Land Europas, die Hälfte der Bevölkerung ist unter 25 Jahren. Die Jugend ist aber auch Hoffnung. Die jungen Leute haben keinen Krieg erlebt, sie verstehen, dass der Nationalismus die Menschen nur aufhetzt und kein einziges Problem löst. Wir sprachen auch über den Klimawandel, Krasniqi vermisst den Schnee, der früher sein Land um diese Zeit bedeckte. Der Kampf gegen den Klimawandel könnte die Jungen auch am Balkan zusammenbringen. Enver Hoxhaj war zwischen 2011 und 2014 Außenminister des Kosovo und dann wieder ab 2016. Er mahnt zu mehr Realismus. Es wäre wichtig, mit Vucic zu verhandeln, dann müsse er Farbe bekennen. Sicher ist, dauerhaften Frieden am Balkan wird es nur mit einem unabhängigen Kosovo geben, dafür müsste sich die EU viel stärker engagieren.

 


HBP- die Zweite

Bundespräsident Alexander van der Bellen hat beim Festakt in der Bundesversammlung zu seiner 2. Angelobung viel von Gemeinsamkeit gesprochen und ist dennoch auch auf Kritik gesprochen. Eher leise kam sie von der SPÖ, weil er die Regierung für die Maßnahmen in der Covid Krise und angesichts der hohen Inflation zu sehr gelobt habe. Ostentativ war die Ablehnung des Bundespräsidenten durch die FPÖ. Das war auch teilweise verständlich, weil er sich am Abend davor im ORF unmissverständlich gegen eine Führung des Landes durch die FPÖ ausgesprochen hat. Ob es politisch geschickt war, das noch vor der Angelobung zu tun? Nein. Aber es war aufrichtig und ehrlich. Dass aber die FPÖ Abgeordneten bei keiner Passage des Staatsoberhaupts geklatscht haben, das war beschämend. Immerhin sprach der 79-Jährige von der klaren Ablehnung des mörderischen Regimes des Nationalsozialismus, und er verurteilte den russischen Krieg in der Ukraine. Außerdem machte er klar, dass er sich gegen jede Bestrebung wehren würde, Österreich aus der EU zu führen. Das ist auch gut so, weil ein „Öxit“ wäre der größtmögliche Schaden für Österreich. Das Verhalten der FPÖ in der Bundesversammlung hat jedenfalls wieder gezeigt, dass mit dieser FPÖ kein Staat zu machen ist. Ob das auch allen Politiker:innen in der ÖVP klar ist, fragte ich anschließend einen Abgeordneten der ÖVP. Sein Blick sagte mir ein eindeutiges Nein.


NÖ: Blau-rot? Aber nie!

Das passt dann auch noch dazu: Dieselbe ÖVP, die wohl wieder mit der ÖVP koalieren würde, unterstellt genau das der SPÖ. Die niederösterreichische ÖVP hat gar keine Scheu, dabei den Menschen auch noch eine dumme Lüge aufzutischen: Es gäbe die Gefahr, dass das Land nach der Wahl nicht mehr blau-gelb, sondern blau-rot werden könnte. Lassen sich die Wähler:innen so einen Schwachsinn wirklich einreden? Hoffentlich nicht. Die SPÖ kann im Moment unter keinen Umständen mit der FPÖ in einem Land koalieren, einen Rechtsradikalen zum Landeshauptmann machen kann sie schon gar nicht. Traurig, dass der ÖVP kein anderes Wahlmotiv einfällt. Und noch ein Grund, ihr die absolute Mehrheit zu nehmen. Die ÖVP tat lange so, als gehöre ihr Niederösterreich, und hat dabei auf die Menschen in dem schönen Land vergessen. Und alles zugedeckt, was schief gelaufen ist. Ein Zuwachs der Neos mit Indra Collini könnte einiges zum Besseren wenden: Mehr Transparenz, mehr Kinderbetreuung, mehr Investitionen in die Bildung. Das wäre doch was!

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