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Österreich zuerst heißt Europa zuerst

Am Mittwoch sind wir bis um 1 Uhr früh im Parlament gesessen. Ich erzähle Ihnen das nicht, um Mitleid zu erregen, sondern weil ich dazu einen Punkt ansprechen will: Wenn wir im neu renovierten Haus am Ring den Parlamentarismus erneuern wollen, dann müssen wir auch über die Sinnhaftigkeit von Debatten reden. Um Mitternacht kann sich niemand mehr konzentrieren, ernsthafte Debatten sind schwierig, und die Medien bekommen nichts mit, und das, obwohl die Themen sehr wichtig waren.

Die Propaganda von der Einheitspartei

In der FPÖ schaut man offenbar auf die Umfragen, freut sich darüber, dass Kickls verbale Radikalisierung Erfolg hat und verschärft den Ton weiter. Sachlich geht da gar nichts mehr, bei jedem Thema wird Corona angesprochen, außerdem seien die Sanktionen gegen Russland an allem schuld - und dann heißt es: Nur die FPÖ mache alles richtig, während die „Einheitspartei“ aus ÖVP, SPÖ, Grünen und Neos alles falsch machte. Abgesehen davon, dass diese vier Parteien wesentliche Unterschiede haben und die FPÖ mit der Einheitspartei des Kriegsverbrechers Putin einen Kooperationsvertrag hat, wollen Kickl und Co der Bevölkerung weismachen, dass sie alles besser wüssten. Es kommt aber nie ein konstruktiver Vorschlag. Der Redenschreiber von Jörg Haider will dessen altes Plakat aufleben lassen: „Sie sind gegen ihn, weil er für euch ist.“ Die Opferrolle bringt vielleicht ein paar Stimmen, aber keine Lösungen. Und wie blaue Regierungsbeteiligungen endeten, ist auch bekannt.

 

                   
Denkfabrik Brüssel

Eine geradezu gefährliche Parole lautet „Österreich zuerst“. Weil sie eine Mogelpackung ist. „Österreich zuerst“ heißt nämlich de facto „Österreich alleine“, und alleine würden wir verarmen. Wir erleben gerade, wie schwer sich sogar das wirtschaftlich starke Europa tut, zu einer „strategischen Souveränität“ zu kommen, wie die neue Losung heißt. Der wesentliche Inhalt dieser Parole: Die EU soll mit anderen Ländern Handel treiben, aber muss immer darauf achten, von keinem abhängig zu sein. Europa ist die stärkste Handelsmacht, das Handelsabkommen mit Japan ist das umfangreichste der Welt, die EU investiert ganz gezielt und erfolgreich in Forschung und Entwicklung. Aber im Bereich der Energie haben wir erlebt, wie schlimm die Abhängigkeit von Russland ist, in die uns einige Regierungen - auch österreichische - und gut bezahlte Lobbyisten getrieben haben. Die Auslagerung ganzer Produktionsbereiche im Bereich der Medikamente wiederum hat uns von China abhängig gemacht. Auch das müssen wir beenden. Freilich bedarf das ehrlicher Politiker:innen, die der Bevölkerung sagen, dass Medikamente dadurch auch teurer werden können. Und der Ausbau regenerativer Energie läuft auch zu langsam.



Spielball ORF

A propos Ehrlichkeit: Die FPÖ verlängerte die Sitzung am Mittwoch mit einem dringlichen Antrag an Medienministerin Susanne Raab zum ORF und einem Misstrauensantrag. Dabei wandte sich FPÖ-Mediensprecher Hafenecker gegen politische Interventionen der Regierung beim ORF. Gerade die FPÖ, die als Regierungspartei immer besonders heftig intervenierte, sich in Sidelettern Einfluss sicherte und nie etwas zur Entpolitisierung des ORF beitrug. Das wäre nämlich das beste Überlebensprogramm für den ORF: Dass die Parteien endlich ihre klebrigen Finger aus dem ORF herausnehmen, wobei natürlich ÖVP und SPÖ noch viel schlimmer waren, die hatten auch mehr Zeit, ihre Interessen im ORF oft sehr brutal durchzusetzen. Vorbildlich waren da die NEOS, die als Stiftungsrätin Anita Zielina nominierten, eine Expertin, die auch von keiner Partei abhängig ist.


 

Die Informationskriege

Ein unabhängiger und qualitätsvoller, öffentlich-rechtlicher Sender ist ja so notwendig wie nie zuvor. Wir leben ja nicht nur in einer Welt un-sozialer Medien, wo Verkürzung und Verhetzung oft nahe beieinander liegen. Diese Medien werden inzwischen auf höchst professionelle Weise zu Desinformations-Kampagnen benutzt. Das Recherche-Netzwerk „Forbidden Stories“, zu dem in Österreich der Standard gehört, hat zuletzt die kriminellen Tätigkeiten der israelischen Gruppe rund um einen „Jorge“ aufgedeckt. Jorge heißt in Wirklichkeit Tal Hanan und betreibt zwischen Tel Aviv und Jerusalem ein kleines Unternehmen, das stolz darauf ist, Wahlen, Abstimmungen und auch die öffentliche Meinung in vielen Ländern manipulieren zu können. Da werden Avatare kreiert, und zwar mit den Daten echter Menschen, falschen Telefonnummern und fremden Fotos. So werden dann digitale Kampagnen mit angeblich echten Menschen aufgesetzt. Auch Facebook ist nicht sicher genug, das Unternehmen weiß das und macht nichts dagegen. Als Beispiel zeigte der ZDF Bericht, wie die Einwohner von Monaco manipuliert wurden. Ihnen wurde erklärt, dass Sanktionen gegen reiche Russen unzählige Arbeitsplätze gefährden würden. Solche Kampagnen werden natürlich von Russland bezahlt, der KGB Schüler Putin hatte schon seine Finger bei der Brexit Propaganda im Spiel. Auch da wird der EU etwas einfallen müssen, um diese Desinformationen zu stoppen. Da werden einige Zensur schreien - das darf es nicht sein, es geht um die Verhinderung von Lügenkampagnen. An den Reaktionen wird man erkennen, wer europäische Interessen vertritt - und wer zu autoritären Regimen hält.


 

Heilung einer verstörten Republik

Ich habe ja mehrere Buchpräsentationen mit ehemaligen und aktiven Politikern bestritten. Am kommenden Mittwoch werde ich mit Landeshauptmann Hans Peter Doskozil diskutieren. Ohne Sie enttäuschen zu wollen: Da wird es nicht um die SPÖ gehen - da mische ich mich nicht ein - sondern um notwendige Reformen für unser Land.

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