Die Agora
Je länger ich mich mit dem Gebäude beschäftige, umso genialer erscheint mir der Architekt Theophil Hansen. Geboren 1813 in Kopenhagen studierte er bei Schinkel und dann in Wien und Athen. Der historische Einfluss Griechenlands ist überall spürbar. Aber in Wien wurde Hansen sogar zum Oberbaurat ernannt - kein Witz - und schließlich zum Freiherrn. Aber er blieb der Idee der griechischen Demokratie verbunden, wo persönliche Treffen und intensive Debatten wichtig waren, im Idealfall im Sinne der Philosophie, also in der Zuneigung zur Weisheit. In diesem Sinn gibt es jetzt nach dem Eingang ein Besucherzentrum, das Agora heißt - also zentraler Platz zum Austausch von Meinungen und Waren. Und hier im Parlament ganz konkret auch von Geschichte. Die durchaus komplizierte österreichische Vergangenheit wird mit modernen Mitteln, also Fotos und Videos, aufgearbeitet. Wo früher ein Lager des Parlaments war, ist heute aktives Leben. Und gleich hinter der Agora gibt’s nicht nur ein Kaffeehaus, sondern auch eine Bibliothek. Diese ist, ebenso wie die Agora, nach einer Anmeldung auf der Website des Parlaments zugänglich.
Der Krieg und die Bilder
Täglich sehen wir Fernsehbilder über Zerstörungen in der Ukraine. Da liegt der Gedanke nahe, dass die Menschen in der Ukraine nur einen Wunsch haben können - dass die Russen mit ihrem Bombenterror nach einem schrecklichen Jahr endlich aufhören. Darauf bauen auch alle Initiativen auf, dass es doch möglichst schnell zu einem Waffenstillstand kommen möge. Die Menschen in der Ukraine erleben aber nicht nur die tatsächliche Zerstörung ihrer Städte, über das russische Fernsehen bekommen sie auch mit, dass das nur der Anfang von Putins Plan ist. In allen russischen TV Sendungen wird nämlich nicht nur primitive Propaganda verbreitet, es wird auch darüber diskutiert, wie die Ukraine als Staat, die Freiheit als Idee und die Selbstständigkeit als Fakt zerstört werden können. Ganz konkret heißt es da täglich, dass alle Menschen getötet werden müssen, die sich nicht ergeben wollen. Also ist in der Ukraine klar, dass ein Waffenstillstand oder sogar ein Friedensschluss nur der Anfang neuer Pläne wären, wieder in der Ukraine einzufallen. So spricht nicht nur die ukrainische Führung vom Sieg als einziger Möglichkeit des Überlebens, diese Überzeugung sitzt inzwischen tief in der Bevölkerung. Präsident Selenskyj vergleicht sein Land mit dem biblischen David, der den riesigen Philister Goliath besiegen konnte. Da wird aber eine Steinschleuder nicht reichen. Bei der Münchner Sicherheitskonferenz ist dazu die Einigkeit des Westens klar erkennbar. Die Ukraine wird noch viel mehr Waffen brauchen - und auch bekommen, nach meiner Überzeugung sogar Kampfflugzeuge. Putin hat alles falsch eingeschätzt, auch eine Schwäche der USA und die mögliche Spaltung Europas. Das Gegenteil ist der Fall.
Neutralität, aber nicht
naiv und gleichgültig
Die Führung der Ukraine versteht die Neutralität Österreichs. Aber dass sich Verteidigungsministerin Klaudia Tanner ausgerechnet mit dem ungarischen Kollegen trifft, das hat uns geschadet. Viktor Orban versucht im Schatten des Krieges eine revisionistische Sicht auf seine Nachbarländer, und er biedert sich Putin an, während seine korrupte Regierung das Geld der EU nimmt. Aus Anlass des 1. Jahrestags des Krieges wird der Nationalrat darüber sprechen, aber nur weil die NEOS eine Sondersitzung beantragt haben. Wie von Anfang an haben sich nur die NEOS - und auch die meisten Grünen - immer klar auf die Seite des Opfers gestellt. Über die FPÖ brauchen wir nicht reden, die sind vertraglich an Putins „Partei“ gebunden, manche in der SPÖ verwenden die Neutralität als billige Ausrede, um sich nicht klar deklarieren zu müssen und in der ÖVP glauben zu viele noch daran, dass die Geschäfte mit Russland weitergehen werden. Nein, Russland wird nach diesem Krieg anders und sicher geschwächt sein. Wenn schon, dann wird die Ukraine wichtig und interessant für den Wiederaufbau sein. Am kommenden Freitag wird die Sitzung ab 11.30 übertragen.